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Orthopädie-Technik

2010-10-02 16:25 (Kommentare: 0)

P. Oeffner

Gripability – adaptive Greifhilfen mit System
(Gripability – Adaptive Gripping and Grasping Aids)

 

Menschen mit einer durch Lähmung eingeschränkten oder fehlenden Greiffunktion der Hand konnte bisher mit den vorhandenen Lösungen, die der Hilfsmittelmarkt anbietet, nicht immer optimal geholfen werden, um die geschwächte Greiffunktion zu kompensieren. Im Artikel werden externe Greifsysteme vorgestellt, die hier Abhilfe schaffen können.

 

Eine Zange, die fest zupacken und an der Hand befestigt werden kann, war die Grundidee für die Fertigung der Greifhilfen. 2005 ging der erste Prototyp der hessischen Firma Gripability in Fertigung. Die technischen Greifhilfen können am Körper des Anwenders angebracht werden, zum Beispiel an der Hand oder auch am Kopf, um die Greiffunktion zu erfüllen. Daneben entwickelte der Verfasser, der das Unternehmen gründete und selbst Tetraplegiker ist, ein weiteres Konzept. Hierbei werden externe Greifer nicht am Körper des Nutzers, sondern an einem verstellbaren Gelenkarm befestigt. Der Verfasser kannte die Probleme vieler Nutzer von Funktionshänden durch eigene Anschauung. Er selbst – durch einen Unfall im Halswirbelbereich querschnittgelähmt, hat zwar noch beide Hände, aufgrund der Lähmung kann er damit allerdings nur sehr bedingt greifen. Bevor im Jahre 2007 das erste Produkt des Unternehmens, Gripability e3, auf den Markt kam, war für einen solchen Fall kein geeignetes Hilfsmittel verfügbar. Die noch vorhandene Motorik in den Armen brachte dem Verfasser, ohne entsprechende Greiffunktion in den Händen, wenig. Seine Hand ist zum Halten einer Tasse nicht stabil genug und die Kraft zwischen Daumen und Zeigefinger reicht kaum, um ein Blatt Papier zu halten. Ein leichtgewichtiger Greifer eröffnete dem Entwickler eine Lösung.

Gripability Kopfadaption mit Kugelschreiber

Abb. 1 Das Greifsystem Gripability e3 kann auch am Kopf des Anwenders angebracht werden.

 

Zwei verschiedene Greifkonzepte

Derzeit gibt es zwei grundsätzlich verschiedene Konzepte, die Gripability Menschen anbietet, um mehr Selbstständigkeit zu erlangen und neue Lebensbereiche im wahrsten Sinne des Wortes in den Griff zu bekommen. Das erste System nennt sich Gripability e3. Hier werden Greifer direkt am Körper des Anwenders adaptiert. Dies geschieht meist an der Hand, kann aber auch an anderen Körperteilen erfolgen, zum Beispiel über einen Helm am Kopf (Abb. 1) oder als am Mund angebrachter Greifer. Daneben wird Gripability Xhand angeboten, ein Konzept, das dem Nutzer außerhalb des Körpers eine Greifbeziehungsweise Haltehilfe bietet. Diese fungiert quasi als zusätzliche Hand für den Nutzer. Im Folgenden wird die Funktionsweise von Gripability e3 erläutert.

Gripability e3 Anwender mit Kugelschreiber
Abb. 2 Mit dem an der Hand angebrachten Greifer kann der Designstudent Zeichnungen erstellen.

 

 

 

 

 

 

Gripability e3 – Funktion und Einsatzmöglichkeiten

Auf die Frage nach einem Anwendungsbeispiel für Gripability e3 zieht der Design-Schüler und Gripability User Sebastian R. einen Stift aus einem Etui. Das Schreibwerkzeug klemmt fest zwischen den eigens für Gripability e3 entwickelten Greiferbacken. Zur Demonstration zeichnet er eine Skizze auf einen Papierblock (Abb. 2). Nachdem er den Stift wieder abgelegt hat, führt er das an seiner Hand adaptierte Greifwerkzeug zur Kaffeetasse. Vorsichtig platziert er die Greiffinger an dem Henkel und die Zange schließt sich wie selbstverständlich. Sebastian trinkt einen Schluck, stellt die Tasse zurück auf den Tisch, reduziert die Kraft, mit welcher der Greifer sich schließen wird und nimmt einen Keks. In einem circa vier kg schweren Rucksack, der bei Rollstuhlfahrern an der Rückenlehne des Rollstuhls befestigt wird, befinden sich ein Druckluftspeicher und eine intelligente elektropneumatische Steuerung. Ein nur zwei mm dicker Schlauch führt zu dem am Körper adaptierten Greifer und ein Kabel zu einem bedarfsgerecht positionierten Bedienelement. Die Bedienung von Gripability e3 ist sehr einfach und kann individuell angepasst werden. Wenn der Greifer in Position ist, um etwas zu fassen, wird ein Sensor betätigt. Dies kann man mit der freien Hand machen; Muskel-Sensoren und andere Schaltsysteme sind auch integrierbar.

Gripability Xhand in der Anwendung


Abb. 3 Ein Arbeiter verpackt mithilfe der Xhand Servietten.Über den großen Druckknopf gibt er der Greifhand den Befehl zum Öffnen und Schließen.

 

 

 

 

 

Gripability Xhand – Funktion und Einsatzmöglichkeiten

Bei der Gripability Xhand werden die Greifer nicht am Körper adaptiert, sondern an einem verstellbaren Gelenkarm befestigt. Die Xhand substituiert so eine Haltehand, etwa als Arbeitshilfe für Einhänder. Herr K. ist Mitarbeiter der Westerwälder Caritas-Werkstatt und halbseitig gelähmt. Zu seinen Aufgaben gehört die Verpackung von Servietten. „Zwölf Tischservietten mit nur einer Hand in eine passgenaue Klarsichthülle einzubringen und am Ende ein verkaufsfähiges, also makelloses, Ergebnis zu erzielen, war für mich bis vor einigen Monaten noch undenkbar“, erzählt Herr K. Seitdem seine Arbeitstherapeutin ihm unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten eine Xhand speziell für diesen Arbeitsprozess konfiguriert hat, kann er mit hoher Produktivität an dieser Tätigkeit teilnehmen. Der konkrete Arbeitsablauf sieht so aus: Der Werkstattmitarbeiter nimmt mit seiner funktionierenden Hand eine Klarsichthülle und platziert sie zwischen die dafür positionierten Greifer der Xhand (Abb. 3). Er betätigt dann einen großen roten Taster und die Greifer schließen sich. Sie halten die Hülle fest und offen. Herr K. zählt ein Dutzend Tischservietten ab und schiebt den Stapel vorsichtig in die fixierte Klarsichthülle. Ein erneuter Druck auf den roten Taster öffnet die Greifer der Xhand wieder. Der Arbeiter nimmt das fertige Produkt und legt es in die dafür vorgesehene Ablage.

Hilfsmittelverzeichnis und Kostenübernahme

Seit der Markteinführung hat sich die Idee von Gripability (zu Deutsch Greiffähigkeit) mit ihren zwei Hauptprodukten, e3 und Xhand, erfolgreich am Markt etabliert. Das automatische Greifsystem Gripability e3 ist seit 2009 nach § 128 SGB V im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenkassen gelistet und wird somit vom Arzt rezeptiert. Für die Gripability Xhand sind das Arbeits- und Integrationsamt aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen die richtigen Ansprechpartner für Personen, die ein solches Hilfsmittel erhalten wollen. Gripability präsentiert sich in Halle 5, Stand J 31 auf der RehaCare in Düsseldorf.

 

Der Autor:
Patrick Oeffner
Gripability GmbH
Am Wiesengrund 3
36399 Freiensteinau

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